1.8. - Ein Tag in Guanajuato
Gestern war ich dann doch noch länger auf als
vermutet. Gerade als ich gegen 10 den Kindle ausmachen wollte, kamen meine
Bettnachbarn herein, die sich erstmal fürs Fortgehen schick machen mussten. Wir
unterhielten uns noch etwas und sie fragten mich, ob ich wirklich nicht
mitwollte. Nee, wirklich nicht 😉 Der eine Typ kam aus Irland, ist seit Weihnachten
hier in Mexiko und macht wohl jeden Abend Party. Sorry, Kinder, aus dem Alter
bin ich raus 😂 Dann klagte er auch noch darüber, dass in einem
Bundesstaat jetzt wohl Lockdown wäre. Als ich fragte, ob da dann alles
geschlossen ist, meinte er, nur die Discos und Bars müssten um 12 schließen.
Hm, ich glaube, das würde ich verkraften…
Als die drei dann um 11 fertig waren, schlief ich
ziemlich schnell ein. Und schon deutlich besser als gestern, ich wachte zwar
immer noch oft auf, aber konnte auch immer wieder einschlafen und das sogar bis
7. Als ich um halb 9 aufstand, waren meine Nachbarn noch nicht zurück…
Ich ging erst kurz nach oben auf die Dachterrasse,
hier kann man einen Tag echt beginnen!
Danach ging ich nach unten frühstücken. Und da
erklärte sich auch schon wieder ein wenig die Körperform der Mexikaner. Es gab
erst Tamales (süß, aus Maismehl und Bohnen), dann Tortillas mit Gemüse drauf
und danach noch ein Croissant (das packte ich für später ein, ich konnte nicht
mehr). Dazu noch Erdbeersaft, sicher auch gesüßt. Das hielt dann auch problemlos
bis ein Uhr oder so…
Nach dem Frühstück machte ich schnell eine Kleinigkeit für die Pimpqueens, ich hatte es ja nicht eilig. Inzwischen waren auch meine Bettnachbarn da. Zum Glück erst jetzt, das Käsfußaroma des Typen im Nebenbett war schon auf der Treppe zu riechen, Wahnsinn, wie man solche Stinkefüße haben kann und dann seine Schuhe mitten im Zimmer abstellen kann! Gegen halb 11 lief ich dann los, hinunter ins Zentrum und einmal ans andere Ende, wo ich einen Bus nach Valenciana nehmen wollte. Das ist zwar nur knapp 3km entfernt, aber dazwischen sind eindeutig zu viele Höhenmeter! Der erste Bus fuhr mir vor der Nase davon, auf den nächsten wartete ich dann bestimmt eine halbe Stunde. Als er kam, war er lateinamerikanisch vollgestopft und das alte Ding schnaufte ganz schön den steilen Berg hinauf. Oben angekommen war ungefähr genauso viel los wie im Bus. Dort gibt es eine schöne Kirche und das Highlight sind zwei alte Silberminen, die man besuchen kann. Diesen verdankt Guanajuato nämlich seinen Wohlstand, denn als man hier vor einigen Jahrhunderten eine Silberader entdeckte (die größte auf der nördlichen Halbkugel), kamen die Spanier natürlich schnell, um sie und die indigene Bevölkerung auszubeuten.
Vor der ersten Mine herrschte ein unglaubliches
Gerammel, ein Van nach dem anderen spuckte Touristen aus. Übermäßig spektakulär
war es da drin nicht, es ging angeblich 60m nach unten, meiner Meinung nach
aber nicht 60 Höhenmeter, dafür waren es viel zu wenige Stufen, sondern einfach
60m schräg in den Berg. Auf einer für mexikanisch dicke Touristen ausgebauten
Treppe…
Danach suchte ich noch die zweite Mine, die etwas
versteckter lag und vor der auch keine Touribusse hielten. Dafür gab es hier
eine kurze Tour mit einem ehemaligen Minenarbeiter (bzw. wenn ich es richtig
verstanden habe, einem Nachkommen aus einer Minero-Familie). Ich hatte Glück,
meine Gruppe bestand gerade mal aus 6 Personen. Der Guide sprach ein gut
verständliches Spanisch und hatte einige Infos auf Lager. Schon krass, die
ersten Mineros waren quasi Sklaven und auch denen danach ging es kaum besser.
Mit 14 Jahren mussten die Jungen anfangen und 40kg schwere Säcke nach draußen
schleppen. Lang war das nicht durchzuhalten. Und der Lohn reichte wohl auch kaum
zum Überleben.
Wirklich viel mehr hatte die Mine selbst auch nicht
zu bieten, ich hatte mir, ehrlich gesagt, mehr versprochen. Bei „Tour mit
Ex-Minero“ musste ich an meine Tour in Potosi in Bolivien denken, bei denen ich
wirklich durch echte, unbeleuchtete Stollen gelaufen bin und echte
Minenarbeiter getroffen hatte. Naja, nett war es auf jeden Fall. Und
interessant auch im Hinblick auf die mexikanische Fitness. Wir liefen wirklich langsam
und mit vielen Pausen die Stufen hinauf, trotzdem schnauften außer mir alle wie
kleine Walrösser (dabei sind wir hier auf 2000m und die Mexikaner das vermutlich
im Gegensatz zu mir gewohnt…).
Danach kuckte ich mir noch kurz die Kirche an, bevor
ich auf den Bus zurück in die Stadt wartete. Der kam dieses Mal deutlich
schneller und war komplett leer.
Zurück in Guanajuato lief ich erstmal zum Mercato Hidalgo,
in dem man wirklich alles kaufen kann.
Mein Highlight, neben den typischen (aber wenigen)
Obstständen war die Chili-Bude! Geil, das Zeug muss ich definitiv kaufen, aber
noch nicht jetzt, sonst riecht mein Rucksack dann sechs Wochen wie damals in
Indien…
Ich gönnte mir also nur einen frischen O-Saft, bevor
ich mich wieder auf den Weg machte. Mein nächstes Ziel sollte das Museum der
Mumien sein, auch etwas außerhalb, aber doch in Laufweite. Dort angekommen
klappte mir aber die Kinnlade runter. Die Schlange, die dort anstand, war mal
locker 80-100m lang. Nee, sorry, dann müssen die Mumien ohne mich bleiben, aber
das war mir echt ne Nummer zu hart…
Ich lief also wieder zurück ins Zentrum und durch
die Menschenmassen. Und wirklich: Keiner trägt Flipflops und auch kaum Sandalen!
Sehr suspekt! Auf der Suche nach einem guten Kaffee landete ich wieder da, wo
ich gestern schon war. Irgendwie gibt’s nicht wirklich viele Läden, die nach
gutem Kaffee aussehen. Entweder Restaurants oder Starbucks oder kleine Läden,
die nur To-go verkaufen. Inzwischen war es schon vier Uhr und etwas Hunger
machte sich bemerkbar, deshalb orderte ich etwas „für den kleinen Hunger“: Taco
con Camaron, also mit (panierten frittierten) Garnelen, obendrauf reichlich
Chilipaste. Sehr lecker, aber nicht nur für den kleinen Hunger, sodass ich
beschloss, das Abendessen wohl ausfallen zu lassen… Die nötige Bettschwere hatte
ich gerade auch schon…
Stattdessen beschloss ich, nochmal zum
Aussichtspunkt hochzulaufen – mein Hostel liegt ja eh auf gleicher Höhe, also
kein so schlimmer Umweg. Dort oben gab’s dann nochmal einen Obstsalat mit
Chili, Vitamine hatte ich heute ja noch nicht so viele gesehen. Und dann in der
„Bar mit dem besten Ausblick“ ein Bier. Der Ausblick ist toll, der Rest eher
naja… Aber stolz sind sie schon auf „ihr“ Corona 😎
Ich muss schon sagen, die Stadt gefällt mir richtig gut. Halt genau meines, alles so schön quietschbunt, da würde meine Schule mal so gar nicht (negativ) auffallen... Als das Bier leer war, schlugen die Kirchturmuhren um mich herum sechs und ich lief gemütlich zurück in Richtung Hostel.
Dort angekommen gings auf die Dachterrasse. Leider
schon wieder ähnlich windig wie gestern. Ich sichtete die Fotos und machte mich
dann ans Blogschreiben. Als ich zwischendurch mein Netzteil holen wollte, roch
ich es schon wieder von weitem: Mein Nachbar ist auch zurück 🙄 Naja, da
bleibe ich wohl noch eine Zeit lang hier oben und hoffe, dass die Kids später
wieder feiern gehen, bis meine Nase eingeschlafen ist…
Jetzt ist es halb acht, gerade bin ich wieder etwas
wacher als heute Nachmittag. Noch einmal durchhalten, dann müsste sich der
Jetlag doch hoffentlich gegeben haben. Morgen fahre ich nach dem Frühstück
weiter nach San Miguel de Allende, sind wohl nur eineinhalb Stunden Fahrt. Dort
bleibe ich dann auch nochmal für zwei Nächte, bevor ich mich dann in CDMX (irgendwie
sieht das eher nach römischem Zahlendreher als Städtenamen aus) mit Katty
treffe.
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